Nach fast einjähriger intensiver Vorbereitungszeit präsentierte der Literaturkurs der Q1 der Gesamtschule Hüllhorst am vergangenen Montag und Dienstag in der Ilex-Halle eine beeindruckende Inszenierung des Theaterstücks „Das Experiment“, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Mario Giordano. Die Bühne verwandelte sich in ein Versuchslabor, das Publikum wurde Teil eines erschreckend realistischen Szenarios: ein soziales Experiment, das mit klaren Regeln beginnt und in menschlichen Abgründen endet.
Dreizehn Probanden nehmen freiwillig gegen Bezahlung an einer Studie teil, die ein Gefängnissystem simuliert: fünf werden zu Gefängniswärtern, acht zu Häftlingen. Überwacht wird das Geschehen von zwei Wissenschaftlerinnen: Prof. Dr. Claudia Thon und Dr. Julia Grimm, die von Caroline Beiküfner und Jessica Richter mit überzeugender Präsenz und glaubwürdiger Ausdruckskraft verkörpert wurden. Während Grimm zunehmend Bedenken äußert und das Experiment abbrechen möchte, hält Thon unbeirrt am Fortgang des Versuchs fest. Vier Räume – der Wachraum, die Häftlingszellen, ein Hofbereich sowie das Büro der Forscherinnen, platziert mitten im Zuschauerraum – sorgen für klare Strukturen im Chaos des Experiments. Doch diese Ordnung bröckelt zusehends. Anfangs zeigen sich die Häftlinge noch provokativ und selbstsicher, doch je mehr Zeit vergeht, desto stärker kippt das Machtgefüge. Die Wärter geraten in einen gefährlichen Rausch der Kontrolle, während die Häftlinge psychisch und körperlich gebrochen werden. Besonders schonungslos offenbart sich der Verfall menschlicher Grenzen im Fall von Häftling 77, eindrucksvoll gespielt von Ole Mattis Dreyer, der im Verlauf des Experiments systematisch erniedrigt und seiner Würde beraubt wird: Er verbringt eine Nacht gefesselt auf der Toilette, wird in einer anderen Nacht aus seiner Zelle gelockt und am Kopf rasiert, muss später mit seinem Kittel die Toilette reinigen und wird schließlich in völliger Dunkelheit in der sogenannten ,,Black Box“ isoliert. Ein Fluchtversuch der Häftlinge scheitert. Am Ende fordert das entgleiste Experiment zwei Todesopfer. Was als Rollenspiel beginnt, entwickelt sich zu einem bitteren Ernst, der kaum noch erträglich ist. Zurück bleibt die ernüchternde Erkenntnis: In diesem Spiel um Macht und Unterwerfung gibt es keine Sieger.
Das Lichtdesign begleitete die inhaltliche Eskalation wirkungsvoll, indem es die Szenen zunehmend in bedrohliches Rot tauchte. Eine durchgehende musikalische Untermalung sowie eine Off-Stimme, die wie ein übergeordnetes Kontrollsystem („Big Brother“) fungierte, unterstützten die Atmosphäre. Diese Stimme rief eingangs zur Teilnahme auf, kündigte neue Versuchstage an, markierte die Pause nach der ersten Beobachtungseinheit und leitete schließlich die Fortsetzung der zweiten Phase des Experiments ein. Ergänzt wurde das Bühnengeschehen durch Videoausschnitte, die als Aufnahmen von Überwachungskameras gestaltet waren und Einblicke in die Toilettenräume und die Black Box gaben.
Spürbar bewegt verließ das Publikum die Ilex-Halle. Entstanden ist dieses Theaterprojekt unter der Leitung der beiden Deutschlehrerinnen Katja Loose und Karina Frigger – getragen von einem Ensemble, das mit großem Engagement und Zusammenhalt diese Inszenierung möglich machte.


























